Inhaltsverzeichnis
Ayubowan Sri Lanka 2017
1. Bentota und so weiter
1.1 Ankunft in Colombo
1.2 Vom ‚Lihiniya Surf‘ zum ‚The Surf‘
1.3 Shopping Mall am Bahndamm
1.4 Zum Beispiel Aluthgama
1.5 Schlepper, Gauner und der kleine Betrug
1.6 Geben und Nehmen
1.7 Bentota-Sightseeing
1.8 Strandspaziergänge
1.9 Bevis Bawa und Brief Garden
1.10 Lunuganga
1.11 Kande Viharaya
1.12 Galapata-Tempel
1.13 ‚Land und Leute‘ und zwei Bentota-Tempel
1.14 Der Karadeniya-Tempel bei Ambalangoda
1.15 Yatagala Rajamaha Viharaya
1.16 Bentota-River Fluss Safari
1.17 Madu-River Fluss Safari
1.18 Mit dem Fahrrad unterwegs (Rund um Bentota)
2. Erlebnisse: Die Feste feiern wie sie fallen
2.1 Hochzeit auf Singhalesisch (Februar 2006)
2.2 Geburtstagsfeier am Fluss (2007)
2.3 Moslemhochzeit (Januar 2010)
2.4 Neujahr in Bentota (Avurudu) (2015)
2.5 Verfrühter Monsun (Mai 2007)
3. Menschenbilder
3.1 Kamal L. Rodrigo
3.2 Samantha
3.3 Asmaas
3.4 Mein Freund, der Optiker
3.5 Mohammed
4. Unterwegs in einem strahlenden Land
4.1 Polonaruwa (1998)
4.2 Sigiriya (1998)
4.3 Dambulla (1998 und 2015)
4.4 Nurelia und Adam’s Peak (2002)
4.5 Nach Colombo im Three Wheeler (2003)
4.6 Sechs Tage durch Sri Lanka(2005)
4.7 Besuch bei einem unbekannten Gott (2007)
4.8 Horton Plains – Bis ans Ende der Welt (2006)
4.9 Mr. Jayawardena zeigt uns seine Heimat (2009)
4.10 Unterwegs mit Bahn und Auto (2010)
4.11 In den Nordosten (2011)
4.12 Tour zum Bundala Nationalpark (Januar 2013)
4.13 Arugam Bay, Tempel und ein Elefant (2014)
4.14 Auf nach Jaffna (2015)
4.15 Einmal Batticaloa und retour (2016)
4.16 Höhle, Schloss, Elefanten und Tempel (2017)
5. Das allerletzte Kapitel: Tsunami
Leseprobe
1.1 Ankunft in Colombo
Im frühen Morgengrauen überfliegt die Maschine die Südspitze Indiens und ist kurz darauf im Anflug auf Colombo. Sanft setzt sie auf dem Bandaranaike-Airport von Colombo auf.
Trotz der frühen Stunde ist es schon heiß. Bei der ersten Gelegenheit entledige ich mich einiger warmer Kleidungsstücke.
Im Laufe der letzten Jahre ist aus dem kleinen Airport ein internationaler geworden, mit klimatisierten Gängen, Laufbändern und einer geräumigen Ankunftshalle, in der die Einreiseformalitäten zügig erledigt werden. Fast alle Einreisenden haben ihre Visa vorher per Internet beantragt und erhalten. Es gibt kein langes Warten, Sri Lanka begrüßt seine Gäste freundlich und unbürokratisch. Im „Duty Free-Bereich darf man nach der Einreise zollfrei mit Alkohol und Zigaretten eindecken. „Nimm drei Flaschen Whisky und zahle zwei!“ Alkohol ist Medizin in den Tropen und schon die Engländer haben angeblich erfolgreich die Malaria mit Whisky oder Gin-Tonic bekämpft.
Ein Vertreter unseres Reiseveranstalters erwartet uns in der Arrival-Halle und vor dem Flughafen steht ein Minibus bereit. Der Chauffeur nennt seinen Namen, sagt, dass er in Bentota wohnt und freut sich darüber, dass wir schon oft in Sri Lanka waren. Danach konzentriert er sich auf den dichter werdenden Verkehr.
Für Europäer bedeutet Verkehr ein geregeltes Miteinander unterschiedlichster Teilnehmer. Allgemein akzeptierte Zeichen sorgen dafür, dass, wer im Recht ist, es auch bekommt. Wer Vorfahrt hat, darf darauf bestehen. Der singhalesische Verkehrsteilnehmer lässt sich weder durch Ge- oder Verbote, noch durch Regeln oder Schilder, die es kaum gibt, beeindrucken. Er fährt erstens nach dem Prinzip des Überlebens und zweitens dem des Leben-Lassens. Er lässt den Stärkeren, den LKWs oder Bussen den Vortritt und den Schwächeren, den Tuktuks, Radfahrern, Fußgängern, Hunden und Rindern, genug Platz zum Ausweichen und Flucht-Ergreifen. Unser Fahrer gehört zur Kategorie der Halbstarken und so gelingt ihm ein gutes Durchkommen, zumal sein Fahrzeug, im Gegensatz zu vielen anderen Minibussen, Kleinlastern und anderen fahrbaren Untersätzen noch relativ wenig vom Alter gezeichnet ist. Die Bremsen scheinen zu funktionieren, die Kupplung findet die richtigen Gänge und die Hupe hat einen durchdringenden Ton. So lässt sich der Verkehr um und in Colombo einigermaßen bewältigen. Nach zehn Stunden Flug sind wir auch so müde, dass wir nur noch bei Beinahe-Zusammenstößen aus dem Halbschlaf gerissen werden. Unser Fahrer manövriert sich durch Colombos Vororte, nennt das staatliche Gefängnis, an dem wir vorüber fahren, „Sri Lanka Hotel“, weist auf die Hafenanlagen mit den vielen Kränen hin, umfährt das Zentrum, und schon bald sind wir in Moratuwa auf der Galle-Road, die sich als wichtige Verkehrsader von Colombo bis zur Stadt Galle an der Küste entlang zieht. Moratuwa, die drittgrößte Stadt Sri Lankas mit etwa 200.000 Einwohnern ist nur wenige Kilometer von der Hauptstadt entfernt, hat eine Universität und ist ein Zentrum der Möbel- und Gummiwarenindustrie. Der Ankömmling erblickt zum ersten Mal für kurze Zeit den Indischen Ozean. Bevor am zweiten Weihnachtstag 2004 die Tsunamiwelle hier Trümmer und Leichen zurückließ, befanden sich zwischen Küste und Straße viele kleine Handwerksbetriebe, die aus Holz allerhand Gegenstände herstellten. Trotz des nach der Katastrophe erlassenen Verbots, näher als hundert Meter vom Ufer zu siedeln, stehen schon wieder viele Hütten und es wird nicht mehr lange dauern, bis sich entlang der Straße die gleichen slumähnlichen Siedlungen erstrecken wie vor dem Tsunami. Moratuwa sieht im Vorbeifahren nicht sehr einladend aus und kaum ein Tourist käme auf den Gedanken, hier seinen Urlaub zu verbringen.
Der Verkehr fließt auch weiterhin wie in deutschen Städten zur Rushhour. Straßeneinmündungen bringen immer neue Schübe von Fahrzeugen, Tuktuks drängeln sich überall dazwischen und ramponierte, überfüllte Busse hupen den Individualverkehr zur Seite. Es ist kaum erkennbar, wo eine Ortschaft zu Ende ist und die nächste beginnt. Übergangslos fügen sich Häuser, Hütten und Läden zu einer einzigen Kette von Siedlungen. Mount Lavinia und Wadduwa, die nächsten Orte auf der Fahrt nach Süden, wirken hektisch und chaotisch. In Mount Lavinia gibt es das gleichnamige Fünf-Sterne-Hotel, im Kolonialstil des 19. Jahrhunderts von den Engländern erbaut und heute immer noch eine erste Adresse. Vor Jahren haben wir ihm einen Besuch abgestattet, sind am Portal von weiß livrierten Ordonanzen abgefangen worden. Wir durften passieren und schlenderten durch die mit dunklem Edelholz getäfelten Gänge, schnupperten das Flair vergangener Zeiten und als wir zwei alte Ladies mit prachtvollen, unzeitgemäßen Hutgebinden zur Teatime am Pool erblickten, fühlten wir uns zurückversetzt in jene Epoche, als die Insel noch Ceylon hieß und die englischen Business-Gentlemen sich hier am Meer nahe der Hauptstadt von den Geschäften erholten.
Einige Male kamen wir am Vormittag in Sri Lanka an. Da dauerte es gut zwei Stunden, bis wir das pulsierende Colombo durchquert hatten und zwei weitere, bis wir Kalutera erreichten. Heute geht es schneller: der Vorteil der frühen Morgenstunde. Die Straße überquert den Kalutera Ganga, der hier ins Meer mündet. Von weitem sieht man die imposante, halbkugelige Kuppel der großen Dagoba, der einzigen Sri Lankas, die begehbar ist. Alle Chauffeure halten am Ende der Brücke vor der Tempelanlage mit der Buddhastatue, steigen aus und werfen ihren Münzobolus in ein Gefäß, das im Namen des Erleuchteten Kleingeld einheimst. Nur wer sein Scherflein entrichtet, dem ist eine gute Weiterfahrt sicher. Kalutera hat eine Reihe von Strandhotels, doch wenn man zwischen Menschen und Fahrzeugmassen die Stadt auf der vierspurigen Straße durchquert, die Kaufhöhlen, Marktstände, Kleinhändler zu beiden Seiten erblickt, von Lärm, Farben- und Formenwirrwarr fast schwindlig wird, fragt man sich, was denn Touristen in dieser lauten und schäbigen Stadt tun.
Zwischen Kalutera und Beruwala, dem nächsten Touristenort reihen sich kaum unterscheidbare Ortschaften aneinander, und spätestens jetzt, nach mehr als drei Fahrstunden fragt sich der Neuankömmling, ob er sich nicht das falsche Land für die kostbarsten Wochen des Jahres ausgesucht hat. Der Kulturschock hat ihn voll im Griff. Zwar gibt es Palmen zwischen den ärmlichen Behausungen längs der Straße und Grün wuchert überall, doch wo findet man eine friedliche und intakte Natur? Darüber hinaus schwitzt der Ankömmling, trotz der Klimaanlage im Fahrzeug auch noch entsetzlich, und das ununterbrochene Gehupe sowie die waghalsigen Überholmanöver erschöpfen ihn zunehmend. Außerdem fragt er sich enttäuscht, wo denn das Meer ist. Doch wenigstens das gibt es: Bei Payagalla kommt die Straße nahe heran. Beeindruckend sieht der Indische Ozean schon aus, doch beileibe nicht einladend. Mächtige Wellen fallen über das Ufer her und man kann sich kaum vorstellen, wie man ihnen standhalten soll. Kurz vor Beruwala sieht man Fischer ihre Netze einholen und Händler bieten mächtige Thunfischhälften, von Fliegen umsurrt, direkt neben der Straße an. Das ist dann wenigstes ein Stück Folklore. Zur rechten Zeit weist der Fahrer auch darauf hin, dass im Hafen von Beruwala, einem Muslimdorf, jeden Morgen ein großer Fischmarkt stattfindet. Um den zu erleben, muss man allerdings um spätestens halb sieben dort sein. Was für eine unmögliche, dem Urlaub abträgliche Zeit!
Von Beruwala bis Aluthgama ist es nur noch eine kurze Strecke. Bei Moregalle überqueren wir eine kleine Brücke, hinter der eine Seitenstraße zum Kande Viharaya-Tempel führt. Von dem wird an anderer Stelle die Rede sein. In Aluthgama sind wir fast schon am Ziel und nur noch fünf Minuten von Bentota entfernt. Der Touristenort Bentota besteht nur aus fünf größeren Hotels, einem halben Dutzend kleinerer Pensionen und Villas, einem Stück Galle-Road und einigen, von Einheimischen betriebenen Lokalen. Man kann gut Prawns in ihnen essen oder Arrak trinken. Manchmal gibt es Live-Musik mit viel Getrommel und Reggae vom Band. Die bedienenden Boys tragen häufig Rastalocken und Bob Marley ist ihnen ihr Gott.
Am Ortsende von Aluthgama überquert die Brücke den Bentota-Fluss und danach verlassen wir die Galle-Road, biegen rechts ab und erreichen nach ein paar hundert Metern unser Hotel, ‚The Surf‘, das ehemalige Lihiniya Surf. Dreieinhalb Stunden hat unser Fahrer gebraucht. Eine gute Zeit für die 120 Kilometer. Er hat ein ordentliches Trinkgeld verdient.